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Freier Autoverkehr auf die Hornisgrinde? Ein Drama in 4 Akten

Die neue Grindehütte auf der Hornisgrinde.
Statt der Öffnungszeiten stand hier vorher „Zufahrt für Gäste und Besucher frei“; Fotos: Wolfgang Melchert
Hinweis an der Schranke für Mobilitätseingeschränkte
Jetzt gibt es nur noch wenige Parker auf dem Gipfel, und ein Linienbus, den man bevorzugen sollte.

Prolog:

In diesem Drama wirken mit:

1. Akt: 1932 — 1997

1932 wird der Abschnitt der Schwarzwaldhochstraße von Unterstmatt zum Mummelsee gebaut. Bei dieser Gelegenheit entsteht auch eine Stichstraße auf den Gipfel der Hornisgrinde, wo sich seinerzeit eine Jugendherberge befindet. Die Gipfelstraße wird jedoch schon wenige Jahre später (1938) wieder gesperrt, weil die Wehrmacht den Gipfelbereich belegt. Nach dem Krieg übernehmen französische Truppen die Hornisgrinde und der Gipfel bleibt weiterhin geschlossen. Als Wanderer muss man mit dem etwas tiefer liegenden Aussichtspunkt Katzenkopf vorlieb nehmen. Autofahrer erobern dafür in Massen den eigentlich idyllischen Mummelsee und machen daraus den „Rummelsee“.

2. Akt: 1997 — 2018

1997 verlässt das französische Militär die Hornisgrinde und Wanderer bekommen wieder freien Zutritt. Es kommt aber glücklicherweise niemand von der zuständigen Verwaltung (Gemeinde Seebach und Landratsamt Ortenau) auf die Idee, die Straße wieder zu öffnen. Denn das Thema Umweltschutz ist mittlerweile anerkannt und die Nachteile von massenhaftem Autoverkehr hat man am Mummelsee als abschreckendes Beispiel direkt vor Augen. Auch auf anderen Bergen mit Gipfelstraßen werden diese geschlossen, beispielsweise am Belchen im Südschwarzwald, bei dem seit 2001 eine Seilbahn den Autoverkehr ersetzt. Auf die Hornisgrinde fährt — zumindest im Sommerhalbjahr — ein Linienbus, so dass auch körperlich Beeinträchtigte den Gipfel erreichen können.

3. Akt: Dezember 2018 — März 2019

Eine Wirtsfamilie, die auch das Hotel Auerhahn in Hinterlangenbach betreibt, eröffnet im Dezember 2018 auf der Honisgrinde die „Grindehütte“. Die Hütte ist schön, das Personal ist freundlich, also alles bestens? Doch — hoppla — die Hütte wirbt im Internet mit freier Autozufahrt und kostenlosen Parkplätzen! Die Absperrschranke an der Gipfelstraße ist offen! Daneben lädt ein großes Schild „Grindehütte — Zufahrt für Gäste und Besucher frei“ zum Autofahren ein!

Sofort dagegen protestierende Naturschutzverbände bekommen vom Bürgermeister der Gemeinde Seebach die aufschlussreiche Antwort „Dieses Schild ist im Interesse des Betreibers. Und wir wollen, dass der Betrieb gut läuft.“. Das hört sich an, wie wenn die Wirtsleute den „Wunsch“ nach Straßenöffnung geäußert haben, um mehr Umsatz zu erzielen, und die Verwaltung das gerne erfüllt hat, weil sie über Steuereinnahmen auch davon profitiert? Man hat fürwahr schon harmlosere Dinge als Skandal bezeichnet.

Jetzt kommt es wie es kommen musste: An Schönwettertagen fluten Autofahrer in großer Zahl die Hornisgrinde, belegen die komplette Parkfläche auf dem Gipfel und auch großzügig die angrenzenden Flächen. Teilweise wird sogar noch einseitig auf der Zufahrtstraße selbst geparkt. Auf der Straße laufen Fußgänger wie die Hasen zwischen den fahrenden Autos herum, denn die Straße ist zugleich auch der Fußweg vom Mummelsee zur Hornisgrinde. Und auf der Straße gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal ein Tempolimit. Hilflos verweist die Verwaltung auf eine geplante künftige Verkehrsregelung durch eine Computer-gesteuerte Schrankenanlage, die irgendwann im Sommer oder später errichtet werden könnte.

4. Akt: März 2019

Jetzt erkennt man auch bei den Verantwortlichen, dass es so nicht weiter gehen kann, und ergreift die schon lange überfälligen Maßnahmen: Die Einfahrt in die Gipfelstraße wird an Wochenenden und an „Schönwettertagen“ wieder durch eine Schranke geschlossen. Der Text auf dem Werbeschild wird abgeändert, jetzt steht dort nicht mehr die Einfahr-Aufforderung, sondern die Öffnungszeiten der Hütte. Für Tage, an denen die Straße noch offen ist, gilt dort jetzt ein Tempolimit von 30 und ein Verbot für Motorräder. Außerdem wird der Busverkehr auf die Hornisgrinde ausgeweitet.

Auf einem Schild an der Absperrschranke und auf der Homepage der Grindehütte bekommt man Informationen darüber, wie mobilitätseingeschränkte Personen noch mit dem Auto zur Grindehütte hochfahren können. Sie müssen zuerst zum 1,5 km entfernten Seibelseckle und sich an der dortigen Hütte gegen 50 € Kaution einen Transponder holen, mit dem sie die Schranke für eine Einfahrt öffnen können.

An einem Samstag im Mai war ich selbst auf der Honisgrinde, ohne Auto, um zu erkunden, ob die neue Zugangsregelung funktioniert. Auf dem Gipfelparkplatz standen harmlose 7 Autos, die Wirtsleute hatten direkt an der Hütte noch eines stehen. Die Schranke war geschlossen. An der Rasthütte Seibelseckle erklärte mir die dortige Wirtin, dass sie insgesamt 10 Transponder für die Schrankenöffnung vorrätig hat, es können also maximal 10 Autos gleichzeitig auf die Hornisgrinde gelangen. Typischerweise gibt sie an Wochenendtagen 5 Transponder aus, aktuell waren auch gerade 5 unterwegs. Die Differenz zu den 7 von mir beobachteten Parkern waren wahrscheinlich Angestellte der Grindehütte oder Handwerker (im Außenbereich der Hütte wird noch gearbeitet). Die Seibelseckle-Wirtin versicherte mir, dass sie die Transponder nur an Personen ausgibt, die einen Behindertenausweis vorweisen, so dass ein Missbrauch ausgeschlossen ist.

Epilog:

So wie es jetzt ist, könnte es eigentlich bleiben. Allerdings muss man befürchten, dass irgendwann doch die Computer-gesteuerte Schrankenanlage kommt und dann wieder nichtbehinderte Autofahrer in größerer Zahl auf die Hornisgrinde gelassen werden. Wir bleiben dran.

Wolfgang Melchert

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/19

Stand des Artikels: 2019! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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