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Flüssigspeicher für Windstrom

Windenenergieanlage des ICT
Schematische Darstellung der Vorgänge innerhalb eines Redox-Flow-Systems. Mit freundl. Genehmigung Dr. Peter Fischer, Fraunhofer-Gesellschaft ICT
Einzelne Energiewandlerzelle; Fotos: Hans Seiler
Mehrere Stacks im Regal und „Verrohrung“ der Module auf der Rückseite
Untergeschoss mit Speichertanks

In Pfinztal-Berghausen steht die mit 20 MWh geplante größte Redox-Flow-Batterie zur Stromspeicherung.

Vielen dürfte ja seit zwei Jahren auf der Nordseite des Berghanges in Berghausen eine neue Windenenergieanlage (WEA) aufgefallen sein. Sie befindet sich auf dem Gelände des Fraunhofer-Instituts für chemische Technologie ICT, das seit 1964 auf dem Hummelberg Forschung betreibt. Im Volksmund sprach man immer von „Fraunhofer BUMM-BUMM“, weil dort auch für militärische Zwecke geforscht wird.

Anlässlich des Besuchertages der Fraunhofer-Gesellschaft hatte ich im Juli die Gelegenheit, an einer Führung durch die Redox-Flow-Speicheranlage mit Dr. Peter Fischer, dem Leiter des Projektes, teilzunehmen.

Die 140 m hohe WEA mit 2 MW Nennleistung bildet mit der daneben aufgebauten Batteriehalle eine Einheit zur Versorgung mit stabiler erneuerbarer Energie.

Erste Versuche mit Redox-Flow-Batterien wurden schon in den 40er Jahren durchgeführt. Die Technologie geriet in Vergessenheit, weil man nicht wusste, was man praktisch damit tun könne. Für mobile Anwendungen war sie untauglich. Erst jetzt, wo Bedarf nach großen stationären Anlagen besteht, wird die Forschung der Flüssigspeicherung wieder interessant.

Wie funktioniert das Ganze? Ich versuche anhand der vereinfachten Darstellung eine Beschreibung     des Prinzips. Der Batteriespeicher besteht aus zwei verschiedenen Flüssigkeiten (Elektrolyten) in getrennten  Tanks.  Diese werden im Betrieb zum Auf- oder Entladen  permanent durch sogenannte Energiewandler gepumpt, wodurch in nebeneinander liegenden und nur durch eine dünne Membran getrennten Kammern die Energiespeicherung oder Abgabe erfolgt. Beim Laden entstehen in der einen Zelle Ionen, die durch die Membran in die andere Zelle herüber wandern. Die Energie wird so chemisch in den Flüssigkeiten gespeichert. Bei der Entladung kehrt sich der Prozess um und es wird Strom erzeugt. Der Vorgang ist sehr effektiv und kann (fast) beliebig oft wiederholt werden. Die Einspeisung von der Windturbine erfolgt mit 1200 V Gleichspannung und ist daher frei von Umwandlungsverlusten.

Im Erdgeschoss des Batteriegebäudes sind über 500 Wandlermodule in Regalen zu sogenannten Stacks angeordnet. Jeder Stack besteht aus 40 Zellen mit einer aktiven Gesamtfläche von 1400 cm². Da die Energieeffizienz der Stacks bei Nennleistung etwa 80 % beträgt, entsteht beim Entladen der Batterie nur geringe Abwärme.

Die geplante Modulleistung beträgt 333 kW pro Modul. Die Anlage besitzt eine Fläche und Tanks für 6 Module. Wegen der noch immer hohen Kosten dieser Technologie konnte bisher nur die Hälfte der geplanten Leistung installiert werden. Derzeit laufen Planungen, um mit Folgeprojekten die noch fehlende Kapazität der Speicheranlage aufzubauen.

Im Untergeschoss befinden sich die Speichertanks. In 16 Tanks befinden sich insgesamt 650.000 l Elektrolyte. Durch getrennte Tanksysteme können auch neuartige Elektrolyte im großen Maßstab getestet werden.

Zur Sicherheit: Die Flüssigkeit besteht hauptsächlich aus einer Mischung von 2 Mol Schwefelsäure und 1,5 — 1,8 Mol Vanadiumsulfaten pro Liter. Sie ist nicht giftig, aber ätzend, daher darf sie nicht ins Grundwasser gelangen. Hierfür ist ein Schutzsystem mit Auffangwannen und zwei großen Nottanks im Keller installiert. Unfälle von außen dürften bei einem Redox-Flow-System weitaus geringere Auswirkungen haben als bei Speichern mit Nickel- oder gar Lithium-Batterien.

Die angepeilte volle Speicherkapazität reicht aus, um 1000 4-Personen-Haushalte 10 Stunden mit Energie zu versorgen. Man könnte z. B. die Gemeinde Berghausen jetzt schon mitversorgen. Da momentan noch keine kostenpflichtige Einspeisung in das Stromnetz erfolgt, dient die Anlage zunächst hauptsächlich der Eigenversorgung über das institutseigene 20-kV-Netz, und der Rest wird ins öffentliche Netz eingespeist.

Das Ziel ist es, Strom kostengünstig, regional und umweltfreundlich zu speichern, um die Energiewende „im Kleinen“ voranzubringen. Die Anschaffungskosten solcher Speicher liegen derzeit noch über denen von kommerziellen Lithiumionen-Speichern, kommen jedoch diesen immer näher. Sehr positiv ist, dass die Lebensdauer des Redox-Systems das Fünffache herkömmlicher Batterie-Speicher beträgt.

Der Batteriespeicher befindet sich im Forschungsstatus und soll so lange wie möglich betrieben werden. Die dazugehörige WEA ist auf 10 Jahre genehmigt und kann evtl. verlängert werden. Weitere Informationen findet man auf der Projektseite: www.ict.fraunhofer.de/de/komp/ae/rfb.html

Dort befindet sich am Ende der Link zu einer anschaulichen Animation des Systems.

Übrigens forscht ICT auch an Verbesserungen der Brennstoffzellentechnik bei Elektrodenmaterialien und Katalysatoren für die Direkt-Ethanol-Brennstoffzelle (DEFC).

Hans Seiler

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/19

Stand des Artikels: 2019! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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