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Neue Impulse für den Karlsruher Radverkehr?

Schon seit Jahren haben viele Karlsruher Radfahrer das Gefühl, links liegen gelassen zu werden. Die Karlsruher Verkehrspolitik ist auf das Auto ausgerichtet, gefördert von einem Oberbürgermeister, der damit im Wahlkampf antrat, und einer eher autofreundlichen Mehrheit im Gemeinderat. Außerdem steht der vorbildliche öffentliche Verkehr im Vordergrund des Interesses. Für Radfahrer und Fußgänger tat sich lange sehr wenig, eher im Gegenteil, denn oft kamen sie “unter die Autoräder”, wenn es um Ampelschaltungen oder Falschparker ging. Und manches Mal wurden die Radler schlicht ignoriert, wie bei der Neuen Messe (s.a. u&v 3/03).

Dazu passte, dass das Radlerforum (aus Vertretern von Verwaltung, Gemeinderat und Verbänden) nur noch sehr sporadisch tagte. Von der vor einer Weile schon beauftragten Untersuchung zum Radverkehr in Karlsruhe hörte man dort lange nichts. Vielleicht lag es auch an Wechseln beim Personal im Stadtplanungsamt und bezüglich des zuständigen Bürgermeisters. Aber auf dem Radlerforum am 6.10.04 wurde es nun endlich vorgestellt.

Auch wenn die Untersuchung schon längst im Laufen war: Den richtigen Schwung in die Sache brachte offenbar erst unsere “große Konkurrenz” ADAC, bei dessen Vergleichstest zum Radverkehr in Großstädten Karlsruhe auf einem für die Heimatstadt von Drais nicht sehr schmeichelhaften hinteren Rang landete (s.a. letzte u&v-Ausgabe). Dadurch wuchs die Einsicht, dass mehr für den Radverkehr getan werden muss. Hilfreich ist hoffentlich auch, dass der nun zuständige Bürgermeister Eidenmüller selbst Radfahrer ist und bis vor kurzem für die Umwelt zuständig war.

Die Untersuchung des Karlsruher Radverkehrs durch die Planungsgemeinschaft Verkehr (PGV) von Prof. Alrutz aus Hannover (die übrigens auch den ADAC-Test durchführte!) untersuchte zunächst die Stärken und Schwächen Karlsruhes. Die Stärken und Potentiale liegen in Topographie, Klima, hohem Studentenanteil, kurzen Wegen durch die kompakte Siedlungsstruktur (die zudem meistens relativ viel Platz für Radverkehr bietet), die Mitnahme in den Bahnen und den Radwege-Mängelbogen. Ein ungenutztes Potential bietet der Radtourismus. Die Schwächen liegen bisher in der eigentlich nicht stattfindenden (positiven) Öffentlichkeitsarbeit, bei fehlenden Impulsgebern aus Verwaltung, Politik oder Externen (also u.a. auch uns), wenig radelnden Vorbildern, aber auch in diversen Mängeln bei der Radverkehrsinfrastruktur.

Oder anders ausgedrückt: Die Stärken sind uns mehr oder weniger zugeflogen (für Klima und Topographie können wir Karlsruher nichts und die so ziemlich einzige Initiativ-Stärke, der Mängelbogen, kam von VCD und ADFC) und wegen dieser Stärken haben wir mit 16 % einen doch noch recht passablen Radverkehrsanteil, während die Schwächen allesamt von Politik und Verwaltung hausgemacht sind, insbesondere in den letzten 10 Jahren. Das Radverkehrsnetz wurde 1991 zuletzt überplant, der letzte Radwegestadtplan ist von 1990 etc. Das zeigt sich auch daran, dass von 1982 auf 1992 der Radverkehrsanteil noch merklich stieg, bis 2002 aber wieder geringfügig sank. Relativ zum Radverkehrsanteil blieb dabei das Unfallrisiko gleich. Es liegt etwas über dem Mittel vergleichbarer Städte.

Was ist laut PGV zu tun nach 10 Jahren Stagnation? Zunächst wurden zwei Oberziele definiert: Radnutzung steigern und Sicherheit erhöhen. Beides ist parallel machbar, indem man den Radverkehr als Gesamtsystem begreift, wie man es beim Autoverkehr ja bereits macht (Auto-Kauf, -Wartung, -Waschen, -Parken, Drive-In, ... für alles gibt es ausreichend Einrichtungen). Andere Städte konnten so parallel zur Steigerung des Radanteils die Unfallquote senken.

Überflüssigerweise zugeparkt u. zugewachsen. Foto: H. Jacobs

Handlungsbedarf sieht man vorrangig in der Öffentlichkeitsarbeit für verschiedene Zielgruppen (Alltagsradler, Freizeitradler, Jugendliche im Führerscheinalter) und mit verschiedenen Mitteln (Pressearbeit, Aufklärung, Wettbewerbe, Veranstaltungen, Internet, ...), um ein positives Klima für den Radverkehr zu schaffen und zu vermitteln, dass man was für die Radler tut und dass man sie als gleichwertige Verkehrsteilnehmer ansieht. Infrastruktur ist natürlich auch wichtig. Das sind aber längst nicht nur Radwege, die für die Sicherheit sowieso nicht immer der Weisheit letzter Schluss sind, oder Radstreifen, sondern z.B. auch sicheres Radparken, Druckluftstationen, Wegweisung, Gepäckschließfächer etc.

Das Karlsruher Büro Stay stellte anschließend 12 Hauptrouten ins Zentrum vor. Dabei zeigten sich viele offensichtliche Schwächen, die teils mit einfachsten Maßnahmen behoben werden könnten: Beseitigen unsinniger Zick-Zack-Führungen; Markieren von Parkstreifen, wenn Autofahrer unnötig Radwege zuparken; klarer markierte Ausfahrten; regelmäßiges Zurückschneiden von Straßengrün; etc.

Wann ist nun mit Ergebnissen zu rechnen, die den Radlern im Alltag helfen? Der politische Wille, etwas zu ändern ist offenbar da, das konnte man aus der Diskussion des Radlerforums heraus hören. Als es jedoch darum ging, vorsichtshalber für kommende Radinfrastruktur-Verbesserungen schon mal Geld bereitzustellen, war der Elan schon wieder etwas gebremst. Ohne fertige Projekte traut man sich offenbar nicht. Vielleicht schafft man es aber, wenigstens für die Öffentlichkeitsarbeit Mittel bereitzustellen. Nächste Station ist der Planungsausschuss des Gemeinderates im Dezember, wo man die Untersuchung auch noch mal vorstellen und diskutieren wird, eventuell auch schon mit ersten Lösungsansätzen.

Bei der Weiterentwicklung der Radinfrastruktur setzt man auch auf Externe. Zur Diskussion standen mehrere Modelle der Mitarbeit. Auf eine breitere Beteiligung der Öffentlichkeit wird man wohl verzichten, da man auf die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung von City 2015 aufbauen will, bei der ja unter anderem auch dieses Thema behandelt wurde. Die Verbände wie ADFC und VCD, aber auch Senioren etc., wird man aber verstärkt integrieren, vermutlich in einem modifizierten Radlerforum. Ob man sich auch an BYPAD beteiligt, einem moderierten, europaweit einheitlichem Bewertungsverfahren und Qualitätsmanagement mit 35 Fragen zu Radinfrastrukur, -klima und Verwaltung, wird noch überlegt.

Bleibt zu hoffen, dass dieses noch zarte Pflänzchen einer kommenden Verbesserung der Bedingungen für den Radverkehr sich entwickeln darf und nicht doch noch, wenn es darauf ankommt und Prioritäten zu setzen sind, vom Autoverkehr überrollt wird.

Heiko Jacobs

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/04

Stand des Artikels: 2004! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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